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Der öffentliche Dienst ist eigentlich in einer komfortablen Ausgangslage, um die Generation Z zu erreichen, da wir viele ihrer Wünsche erfüllen.”  

Julia Göpel ist Volljuristin und leitet im Regierungspräsidium Kassel das Dezernat Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung. Im Interview spricht sie mit public-pioneers über Personalmarketing im Regierungspräsidium, warum der öffentliche Dienst für potentielle Auszubildende attraktiv ist und wie sie zum Quereinstieg steht.  

Frau Göpel, auf Ihrem LinkedIn-Profil schreiben Sie “Als Führungskraft und Juristin in der öffentlichen Verwaltung zu wirken – das war für mich erst keine Option.”. Wie sind Sie dann doch in den öffentlichen Dienst gekommen?  

Ich war zunächst – wie schon lange geplant – als Rechtsanwältin tätig. Letztlich kam es durch einen spontanen Anruf meines früheren Ausbilders aus der Verwaltungsstation während des Rechtsreferendariats zu diesem Schritt. Er rief zur richtigen Zeit an, als ich wechselbereit war. Ich bin rückblickend sehr dankbar dafür, dass ich die Erfahrung als Rechtsanwältin sammeln konnte. Der andere Blickwinkel bereichert meine Arbeit in der öffentlichen Verwaltung heute noch.  

Wie hat sich das Recruiting in der Zeit verändert, in der Sie im öffentlichen Dienst tätig sind?  

Als ich vor ca. zehn Jahren im Regierungspräsidium Kassel begann, erreichten wir mit dem sogenannten „post and pray“ noch genügend Bewerbende. Wir schalteten eine Stellenausschreibung, mussten nichts weiter veranlassen und hatten die Qual der Wahl zwischen vielen geeigneten Personen. Heute erreichen wir nur mit unterschiedlichen Werbemaßnahmen genügend Interessierte. Wir haben mehrere Recruitingfilme gedreht, besuchen zahlreiche Ausbildungsmessen und werben mit den eigenen Auszubildenden auf der Homepage, auf Flyern, Postern und LED-Wänden etc. Nur damit können wir den Rückgang der Bewerbungszahlen ausbremsen. Unsere Haltung ist während des gesamten Verfahrens nun: wir bewerben uns auch bei den Bewerbenden – und nicht nur umgekehrt.  

Das Regierungspräsidium ist keine Stadtverwaltung und womöglich kennt nicht jeder solch eine Art von Behörde. Was müssen Sie beim Personalmarketing anders machen als bspw. Kommunen?   

Hier gibt es aus meiner Sicht keine so großen Unterschiede. Die Vorteile des öffentlichen Dienstes (z.B. flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Option, sinnstiftende Aufgaben etc.) sind vergleichbar. Als große Mittelbehörde des Landes Hessen und vielen Weiterentwicklungs- und ggf. auch Wechselmöglichkeiten haben wir im Vergleich zu den Kommunen ehrlicherweise sogar eher einen Vorteil, mit dem wir bei der Zielgruppe punkten können.  

Was zeichnet für Sie eine gute Arbeitgebermarke aus?  

Dies ist schwer in wenigen Sätzen sagen, da es zu viele Dimension gibt. Im Kern ist mir persönlich wichtig, dass unsere eigenen Mitarbeitenden zufrieden sind und authentisch gut über uns als Behörde sprechen. Es spricht sich rum, dass man hinter seinem Regierungspräsidium steht und dort in einem kollegialen Umfeld arbeitet. Um dies zu bewirken, sind ganz viele Dinge entscheidend. Uns ist eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre besonders wichtig. Die Behördenleitung und Führungskräfte erlebe ich als sehr zugewandt und nahbar. Bei den Mitarbeitenden soll die Haltung ankommen: hier sind alle Kolleginnen und Kollegen wichtig und wir sind alle #teildavon – so lautet unser Slogan im Regierungspräsidium.   

Wie können öffentliche Arbeitgeber die Generation Z erreichen?  

Der öffentliche Dienst ist eigentlich in einer komfortablen Ausgangslage, um die Generation Z zu erreichen, da wir viele ihrer Wünsche erfüllen. Besonders hervorzuheben sind die sinnstiftenden Aufgaben und die familienfreundlichen Arbeitsbedingungen mit flexiblen Arbeitszeiten und der Homeoffice-Option. Wir ermöglichen selbstständiges und verantwortungsvolles Arbeiten mit der Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Ferner gibt es im öffentlichen Dienst eine Transparenz im Hinblick auf die Bezüge und es gibt kein Gender-Pay-Gap. Das Problem des öffentlichen Dienstes ist es aber noch, dass diese positiven Aspekte bei der Zielgruppe noch nicht bekannt genug sind. Hier kann ein modernes Personalmarketing viel verändern, welches aber auch zur Behörde authentisch passen muss. Letztlich muss der öffentliche Dienst als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, bei dem man sich mit Überzeugung bewirbt. Das Image passt hier noch nicht. Große Konzerne der Privatwirtschaft wirken moderner. Ein Schlüsselfaktor wird insbesondere sein, wie schnell die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung umgesetzt werden kann.   

Wie gehen Sie beim Regierungspräsidium mit dem Thema und der Chance “Quereinstieg” um?  

Die Ermöglichung des Quereinstiegs ist aus meiner Sicht unerlässlich, um den Fachkräftemangel der öffentlichen Verwaltung abzufedern. Es können gar nicht genug Personen selbst ausgebildet oder von anderen Behörden abgeworben werden im Vergleich zum voraussichtlichen Personalbedarf in den nächsten Jahren. Aber auch ohne diese Datenlage ist aus meiner Sicht eine ausgeglichene Mischung aus Verwaltungsfachkräften und Quereinsteigenden ein wichtiger Erfolgsfaktor, weil die Behörden den frischen Wind aus der Privatwirtschaft oder von Personen mit anderen Qualifikationen dankend annehmen sollten, um die Herausforderungen der nächsten Jahre (z.B. Digitalisierung, KI, Arbeitsverdichtung) erfolgreich bewältigen zu können.  

In meinem eigenen Team habe ich mit Quereinsteigenden sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Einarbeitungszeit war viel kürzer als gedacht. Die Kolleginnen bereichern unser Team. Sie haben mit neuen Ideen und einem frischen Blick unsere Prozesse verbessert.  

Welche großen Trends sehen Sie in den nächsten 5 Jahren im Personalwesen?  

Er gibt es viele Trends. Beispielsweise zu nennen sind: die Ausbildung und Integration der Generation Z; das Gewinnen und Halten von Quereinsteigenden; der Wissenstransfer von den Altersabgängen; Fortbildung und Qualifizierung der Mitarbeitenden im Hinblick auf Digitalkompetenzen und die Wahrnehmung neuer Aufgabengebiete durch die Etablierung von KI; Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden bei stetig steigenden Anforderungen in VUCA-Zeiten. Es gibt also viel anzupacken.  

  

Zur Person:  

Julia Göpel ist Volljuristin, leitet im Regierungspräsidium Kassel das Dezernat Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung und nimmt die stellvertretende Personalleitung wahr. Sie leitet als Ausbildungsleitung jährlich mehrere Assessment-Center und verantwortet das Ausbildungsmarketing. Ihr Team umfasst aktuell 24 Mitarbeitende an drei Standorten. Das Regierungspräsidium Kassel ist eine Mittelbehörde beim Land Hessen mit über 1850 Mitarbeitenden in 43 Dezernaten. Die Antworten stellen ihr private Meinung dar.

“Der öffentliche Dienst ist eigentlich in einer komfortablen Ausgangslage, um die Generation Z zu erreichen, da wir viele ihrer Wünsche erfüllen.”   
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