
Im Jahr 2024 hatten die public-pioneers das Personalverfahren um die Besetzung der Stelle des Kreisdirektors bzw. der Kreisdirektorin im Kreis Siegen-Wittgenstein betreut. Durchgesetzt hat sich am Ende Dr. Sebastian Merk. Nun ist er seit rund einem Jahr in dieser Position tätig. Grund genug, mit Dr. Merk über seine Themen, seine Motivation, aber auch seine Herausforderungen als allgemeiner Vertreter des Landrats zu sprechen.
Blicken wir auf Ihr erstes Jahr als Kreisdirektor zurück. Was waren die größten Herausforderungen und auch die größten Überraschungen?
Ein neues Haus kennenlernen, neu mit Menschen zusammenarbeiten, ist natürlich immer eine Art Herausforderung. Wenn man aber positiv daran herangeht, ist es aber eine schöne Herausforderung. Insgesamt kann ich sagen, dass der Prozess des „On-Boarding“ sehr gut organisiert war: vom Landrat über die einzelnen mir zugeordneten Ämter bis hin zu den Gremien innerhalb der Behörde oder innerhalb der politischen Vertretung. Ich wurde mit offenen Armen empfangen!
Für mich war es zudem vorteilhaft, dass ich in der Region aufgewachsen bin, auch einige Jahre dort in der Justiz tätig gewesen war, zuvor und danach aber beruflich außerhalb des Kreisgebiets gearbeitet habe. Ich kannte aber sowohl die Region als auch den Menschenschlag, der mich erwartete. Vorteilhaft war auch, dass ich in den letzten Jahren verschiedene Behörden auf Landes- und Bundesebene kennen gelernt habe und somit eine gewisse Anpassungsfähigkeit entwickelt habe. Als Quereinsteiger in der Kommunalverwaltung muss man aber natürlich dennoch die örtliche Hauskultur aufnehmen und offen dafür sein. Aber da bin ich vom Typ her recht offen und „lernbereit“.
Welche Themen oder Projekte lagen Ihnen in diesem ersten Jahr besonders am Herzen?
Zunächst natürlich die Behörde in all ihren Verästelungen und Themen kennenlernen, Arbeitsbeziehungen aufbauen und Punkte identifizieren, bei denen besondere Aufmerksamkeit notwendig ist. Dieses Jahr waren zum Beispiel mehrere Wahlen, bei denen ich Kreiswahlleiter war. Und hier stellten sich in der Tat komplizierte Zulassungsfragen.
Ansonsten dominiert natürlich die Frage der Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen, aber auch die Zwänge und Komplexitäten der Personalwirtschaft. Das sind immer wieder Einzelfälle – die so gewürdigt werden müssen. Ich bin aber auch für ein vom Kreis mitgetragenes Landesorchester zuständig; angesichts der durch die sinkenden staatlichen Zuschüsse verursachten Sparzwänge im Kulturbereich ist hier ein enges Monitoring des Orchester tragenden Trägervereins erforderlich.
Sie waren zuvor am Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof tätig und sind dann in die Kommunalverwaltung gewechselt. Was hatte Sie an der Aufgabe beim Kreis Siegen-Wittgenstein gereizt?
Nicht reaktiv Sachverhalte aufzuarbeiten und nachträglich rechtlich zu klären, sondern gestalterisch tätig zu sein und Rahmenbedingungen zu setzen. Aber auch: mehr Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen zu haben, mitten im Leben zu stehen und Tempo vorgeben zu können. Die Schlagzahl der Kommunalverwaltung ist eine wohltuende Abwechslung zur Behäbigkeit der Justiz.
Als Kreisdirektor sind Sie allgemeiner Vertreter des Landrats. Was ist Ihnen in der Führung Ihrer Mitarbeitenden besonders wichtig?
Ich möchte geradlinig und berechenbar sein, dass jeder weiß, wo er dran ist. Ich bin für größtmögliche Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung, schätze aber auch die gemeinsame Koordinierung und Erörterung von Problemlösungen mit den Amtsleitern. Meine Aufgabe sehe ich vor allem darin, Impulse zu setzen, die richtigen Fragen zu stellen, um sicherzustellen, dass Probleme nicht in Dauerschleifen der Fachleute von Arbeitsgruppe zu Arbeitsgruppe gehen. Ich versuche zügige Entscheidungen herbeizuführen und umzusetzen. Und vor allem ist hier auch die Einheitlichkeit der Kreisverwaltung sicherzustellen, d. h. in bestimmten grundsätzlichen Fragen muss gleichzeitig die Rückkopplung zum Landrat erfolgen.
Ihr Dezernat umfasst u.a. das Personalamt. Welche großen Themen sehen Sie hier in den kommenden Jahren auf Siegen-Wittgenstein zukommen?
Wie überall: das Problem der Stellenbesetzungen im technischen Bereich. Da sind wir gut aufgestellt, aber wir müssen am Ball bleiben. Weiter ist natürlich die generell steigende Komplexität von rechtlichen Regelungen eine Herausforderung, diese in einer so diversen und vielschichtigen Behörde adäquat zu erfassen. Außerhalb des Personalwesens ist natürlich die Haushaltslage ein Thema, was alle Kommunen umtreibt. Und natürlich die Frage, wie können wir bei den hohen Soziallasten, die durch unsere Bücher laufen, überhaupt noch eigene Akzente setzen.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Kommunen?
Hier bin ich vor allem in der Kommunalaufsicht involviert. Es besteht generell ein enger Austausch, um Probleme koordiniert und abgestimmt anzugehen. Jedoch ist die Komplexität von Zweckverbänden und die Vielschichtigkeit der Organisationen ein Punkt, wo dringend landesweite Verschlankungen erforderlich sind in meinen Augen. Wir verwalten uns hier mit unzähligen Verbänden „zu Tode“.
2026 steht vor der Tür. Worauf freuen Sie sich im kommenden Jahr am meisten, beruflich wie persönlich?
Aufgrund der sehr hohen Termindichte ist die Ganz-Jahres-Sicht weniger präsent. Ich denke eher in Sitzungsblöcken. Da ich den Wechsel in das Amt des Kreisdirektors bisher keinen einzigen Tag bereut habe, freue ich mich auf ein neues spannendes Jahr, auf die vor mir liegenden Begegnungen. Ich hoffe natürlich auf möglichst wenige Krisen, um Zeit zu haben, Grundstrukturen effizienter machen zu können und Grundsatzüberlegungen anzugehen, die meine Dezernate und Aufgaben betreffen.
Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Merk!
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